Bei mir wurde das
von-Willebrand-Syndrom
mit 14 Jahren erkannt

Vanessa L. (30), aus Oldenburg, Konditorin und zur Zeit schwanger im 7. Monat. Bei mir wurde das von-Willebrand-Syndrom mit 14 Jahren erkannt. Der Weg zur Diagnose war für mich sehr dramatisch damals.

Früher als Kind hatte ich schon öfter Nasenbluten, da war aber nie irgendwas großartig getestet worden. Schlimm wurde es mit der ersten Regelblutung. Die war wirklich sehr stark und sehr lang. Ich war damals noch nicht beim Frauenarzt, da ich mit 14 noch keinerlei gynäkologische Beschwerden hatte. Ich bin dann also zum Kinderarzt und der meinte nur: „Och, das ist nicht schlimm, das kommt schon mal vor bei kleinen Mädchen“ – und hat mich wieder nach Hause geschickt. 

Symbolbild Organe

Doch an dem darauffolgenden Wochenende hatte ich sonntagabends nur noch so wenig Blut in mir, dass ich in die Notaufnahme ins Krankenhaus musste. Ich war einfach total k.o., konnte kaum noch ein paar Meter laufen, ohne dass mir schwarz vor Augen wurde. Ich bin ständig in Ohnmacht gefallen, konnte gar nicht mehr allein auf die Toilette gehen. Meine Eltern haben mich auf einem Bürostuhl durch die Wohnung geschoben, weil ich nicht mehr allein aufstehen konnte.

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Ich habe damals noch in Trier gewohnt und wurde dort auch behandelt. In einer Notoperation wurde eine Ausschabung gemacht. Ich bekam mehrere Bluttransfusionen, insgesamt drei Konserven. Das hätten die wohl sonntagabends nicht gemacht, wenn es nicht ganz dringend gewesen wäre. Heute weiß ich, dass mir das das Leben gerettet hat, denn ich wäre fast verblutet.
Insgesamt sind bis zur Diagnose einige Monate vergangen. Ich hing dann auch noch einige Zeit in der Luft, bis ich wirklich wusste, was mit mir ist. Ich war als 14-Jährige total überfordert mit der Situation. Ich wusste nicht, was los war, und in der Schule war das einfach nur unangenehm. Ich habe öfter gefehlt und wenn jemand gefragt hat, konnte ich gar nicht richtig erklären, warum.

Ich musste dann immer irgendetwas von „gynäkologischen Problemen“ sagen. Ich hatte schließlich einen Termin in der Uniklinik Homburg, wurde getestet und es hat dann noch eine ganze Weile gedauert, bis das Ergebnis da war: von-Willebrand-Syndrom. Davon hatte ich vorher noch nie etwas gehört. Ich habe mich ehrlich gesagt auch nicht wirklich gut aufgeklärt gefühlt. Die Ärzte haben das natürlich erklärt, aber ich hätte gern mehr Informationen gehabt. Meine Eltern und ich haben im Lexikon nachgeschaut. Da stand aber nur ein Wort: Blutgerinnungsstörung.

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich mal ein Buch oder eine Broschüre oder irgendwas anderes zu dem Thema gehabt hätte, und ich kannte auch niemanden, der dasselbe hat wie ich. Auch im Internet gab es nur wenig Informationen. Aber das war 2004. Heute sieht das ja ganz anders aus.Ich habe mich dann lange Zeit nicht wirklich darum gekümmert. Ich war ja in Behandlung, deshalb hatte ich keine großen Beschwerden mehr. Auch heute nicht. Ich habe mal Nasenbluten, ein bisschen Zahnfleischbluten oder ein paar blaue Flecken. Aber ob das immer am vWS liegt, kann ich nicht sagen.

Mir wurde die Pille verschrieben, wodurch sich meine Regelblutung in den folgenden Jahren eingependelt hat. Später wurde bei mir eine unkomplizierte Blinddarm-OP durchgeführt. Auch da lief alles gut. Mir wurde gesagt, dass man da noch einmal genauer drauf achten muss, wenn noch einmal eine größere Operation ansteht – das war aber nie der Fall – oder bei einer Schwangerschaft. Insgesamt hat die Erkrankung meinen Alltag sehr wenig beeinflusst, eher den meiner Eltern – zumindest am Anfang. Sie haben sich große Sorgen gemacht. Zum Beispiel haben sie, wenn ich allein mit der Jugendgruppe in Urlaub gefahren bin, sehr stark darauf geachtet, dass ich mein Medikament dabeihabe. Das hat sich dann irgendwann gelegt, weil wir uns alle daran gewöhnt haben. Mich hat das vWS aber auch nie von irgendetwas abgehalten. Ich habe sämtliche Sportarten, auch Kampfsportarten gemacht oder war reiten.

Als ich mit Ende 20 die Pille abgesetzt habe, hatte ich die starke Befürchtung, dass es mit meiner Regelblutung wieder schlimmer wird. Das hat sich aber nicht bestätigt, die Blutung blieb normal. Jetzt bin ich 30 Jahre alt und das Thema beschäftigt mich wieder vermehrt, weil ich schwanger bin. Mein neuer Frauenarzt kannte leider die Krankheit nicht, das hat mich etwas verunsichert. Deshalb habe ich auch wieder mehr im Internet nach dem vWS gesucht. Mir ist aufgefallen, dass sich da einiges verändert hat. Es gibt jetzt viel mehr und detailliertere Informationen, Broschüren und so weiter. Das hätte ich mir damals schon gewünscht.Nach dem positiven Schwangerschaftstest habe ich mir eine Überweisung zum Hämatologen zur Blutuntersuchung geben lassen. Dementsprechend wähle ich auch die Entbindungsklinik sorgfältig aus...